Tagebuch vom 31.12.2020

LOST DIMENSIONS (von Valerio und Timo Bader)

Kapitel 1: Das neue Videospiel

Leo war so aufgeregt. Heute würde er endlich das neue Videospiel spielen, auf das er so lange gewartet hatte.

Aufgeregt sprang er aus seinem Bett, zog sich eilig an und schlich sich ins Badezimmer. Am Wochenende schliefen seine Eltern um diese Zeit immer noch. Er putzte sich die Zähne und ging dann leise ins Wohnzimmer. Dort erledigte er seine Hausaufgaben und wartete anschließend gespannt darauf, dass seine Eltern endlich aufstanden.

Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis sie schließlich die Treppe herunterkamen. Leo fragte sie sofort: „Kann ich jetzt das neue Videospiel haben?“ Stolz berichtete er ihnen, was er alles schon am Morgen gemacht hatte.

Seine Eltern tauschten einen kurzen Blick aus, dann antwortete seine Mutter: „Also eigentlich müssen wir heute früh erst noch einkaufen gehen. Wenn es Mittag ist, kannst du dein Spiel von mir aus spielen.“

Enttäuschung stieg in Leo hoch. Wie gemein war das denn? Er hatte alles gemacht, was seine Eltern immer von ihm wollten. Er war schon in aller Früh komplett angezogen, hatte sich die Zähne geputzt und seine Hausaufgaben bereits erledigt. Warum bekam er jetzt keine Belohnung dafür?

„Das ist unfair!“, protestierte er und stampfte auf den Boden. Trotzig verschränkte er die Arme vor der Brust.

„Aber du darfst das Spiel doch spielen“, sagte sein Vater. „Du musst nur warten, bis es Mittag ist.“

„Ich will er aber jetzt sofort spielen!“, rief Leo.

„Wenn du dich jetzt so benimmst, dann darfst du es heute gar nicht mehr spielen!“, erwiderte seine Mutter mit scharfer Stimme.

Leo schrie: „Das könnt ihr mir nicht verbieten!“

„Das werden wir ja sehen“, zischte seine Mutter.

„Ihr seid gemein!“ Leo rannte aus dem Wohnzimmer.

Kurz blieb er im Gang stehen. Was sollte er jetzt tun? Ganz sicher würde er mit seinen Eltern nicht einkaufen gehen!

Wütend schlüpfte er in seine Turnschuhe, riss die Haustür auf und rannte nach draußen. Dort war es noch dunkel, aber das war ihm egal. Er stürmte über die Straße und in den Wald, der neben ihrem Haus lag. Hinter sich hörte er die Stimmen seiner Eltern, doch er drehte sich nicht um.

Leo lief weiter und weiter – tief in den finsteren Wald hinein. Langsam verrauchte seine Wut und machte Angst Platz. Er schaute sich um. Leo stand auf einer Lichtung mitten im Wald. Wo war er hier? Diese Stelle kannte er überhaupt nicht.

Da spürte er plötzlich eine Berührung am Fuß. Leo schaute nach unten und sah einen Schatten. Er besaß die Form einer Hand und hatte sich um sein Fußgelenk geschlossen. Leo wollte einen Schritt zurück machen, aber der Schatten hielt ihn fest. Und noch schlimmer: Leo spürte, wie die Schattenhand ihn nach vorne zog.

Panisch hob Leo den Blick und sah am anderen Ende der Lichtung etwas, das wie ein Riss aussah. Er war so groß wie eine Tür und die Ränder sahen zerfetzt aus wie bei einem zerrissenen Blatt Papier. Das Innere war schwarz und glich einem tiefen Loch. Unaufhaltsam zerrte die Schattenhand ihn auf den Riss zu.

Leo warf sich nach hinten und krallte die Finger in die Erde. Aber die Schattenhand war stärker und zog ihn weiter auf den Riss zu. Auf einmal berührte Leos Fuß die Schwärze und verschwand darin. Es fühlte sich eiskalt an.

Leo bekam eine Gänsehaut.

„Nein!“, schrie er. „Ich will das nicht!“

Leo versuchte sich verzweifelt von dem Riss wegzuziehen.

Doch jeder Widerstand war zwecklos. Der Riss verschluckte erst sein Bein, dann seine Hüfte und schließlich versank Leo vollständig in dem dunklen Durchgang wie in einem tiefen schwarzen Meer.