Dieses Jahr wird das Tagebuch sträflich vernachlässigt. Aber mit dem doppelten Examen, der Anmeldung für den Vorbereitungsdienst, dem Verfassen der Zulassungs-/Magisterarbeit und gewissen privaten Ereignissen war das nicht anders zu erwarten. Mir fehlen die Einträge fast so sehr wie das kreative, fantasievolle Schreiben. Im Moment dreht sich alles um die 80-seitige Zulassungs-/Magisterarbeit, d. h. nüchtern, wissenschaftlich schreiben, blättern in Primär- und Sekundärliteratur, zitieren, schreiben … und weiter blättern.
Bereits nach meiner Zwischenprüfung in deutscher Literatur, anlässlich der ich mich mit Darstellungen von London in der Literatur des 19. Jahrhunderts beschäftigen durfte, entstand die Idee, in meiner Abschlussarbeit einen umfangreichen, schriftlichen Vergleich anzustellen. Für Dickens schwärme ich schon, seit ich als Kind den Abenteuern von Oliver Twist lauschte, ich musste nur noch das richtige Werk aussuchen und ein passendes Vergleichsobjekt finden.
In einem Seminar mit dem Titel „From As you like it to Anything goes bekam ich von meiner Dozentin die Anregung, Charles Pallisers The Quincunx lesen. Inhaltlich und stilistisch nahe an Dickens atmet Pallisers Mammutwerk noch in der Postmoderne den Geist der viktorianischen Epoche.
Durch die Sekundärliteratur von Onega, Alfaro, Miller, u. a. über The Quincunx und andere sogenannte Neo-Victorian Novels angeregt, beschloss ich meinen ersten Ansatz auszuweiten und nicht nur die Darstellungen von London in den Romanen von Dickens und in The Quincunx zu analysieren und zu vergleichen, sondern darüber hinaus auch die Erzähler, das Setting, die Charaktere, den Plot und weitere formelle und strukturelle Elemente, u. a. das (offene) Ende, einzubeziehen. Aus dem Dickens´ Kanon wählte ich exemplarisch Bleak House und Great Expectations aus. Nun stehen rund 50 Seiten in der Rohfassung – die Arbeit macht unglaublich Spaß, fordert aber auch ungeheuer viel Zeit und Geduld.
Da ich feststellen musste, dass es noch keine übersichtliche Zusammenfassung von The Quincunx gibt, die bei einem Roman mit derart epischen Ausmaßen durchaus praktisch ist, habe ich es mir außerdem zur Aufgabe gemacht, neben dem Schreiben der Zulassungs-/Magisterarbeit noch eine Synopsis anzufertigen.
In der wenigen Freizeit habe ich endlich die BONE-Comics von Jeff Smith gelesen – genauer gesagt: durchgeblättert -, die es jetzt praktisch in einem Band zu kaufen gibt und die ich jedem wärmsten empfehle.